Vorgestern schrieb über geistlichen Missbrauch und was das überhaupt ist:
Geistlicher Missbrauch – Was ist das?
Heute nun möchte ich mich damit beschäftigen, was man dagegen tun kann.
Vornweg möchte ich nochmal erwähnen, dass ich selbst nie geistlichen Missbrauch erlebt habe und denke, dass mir so auch wichtige Punkte gar nicht klar sind. Wenn Dir etwas auffällt, dann fühl Dich frei mich zu berichten bzw. zu ergänzen.
Ich kann in diesem Artikel auch nur im groben zusammenfassen, wie so ein "Ausstieg" aussehen kann – wenn Du betroffen bist, dann informiere Dich bitte weiter z.B. in den Büchern oder Links, die ich Dir am weiter unten empfehle.
Geistlichen Missbrauch erkennen
Ich denke wichtig ist es den Missbrauch überhaupt erstmal als solchen zu erkennen und dann zu überlegen was zu tun ist. Oftmals stecken Menschen tief drin in diesem System, bis sie erkennen das "etwas nicht stimmt."
Ich rate Dir, Dir jemanden zu suchen dem Du vertraust. Damit er das alles auch verstehen kann, ist es wichtig, dass er Christ ist – denn sonst fehlt ihm einfach der nötige Ein- und Durchblick.
Sprich mit ihm über das, was Du erlebst und betet gemeinsam.
Es ist krass etwas als "geistlichen Missbrauch" zu bezeichnen, da solltest Du wirklich vorsichtig sein, um keinen Missbrauch mit diesem Begriff zu treiben:
"Prüft in allem, was ihr tut, ob es Gott gefällt. Lasst euch auf keine finsteren Machenschaften ein, die keine gute Frucht hervorbringen; im Gegenteil: helft sie aufzudecken." – Epheser 5, 10 + 11
Es geht nicht darum eine Gemeinde zu erschaffen, die so tickt und funktioniert wie man das selbst gerne hätte. Es geht darum in einer Gemeindschaft zu leben, die so zusammenarbeitet wie sich das Gott vorstellt.
Mein Artikel, was Missbrauch überhaupt ist oder die Übersicht auf geistlicher-missbrauch.ch kann helfen, zu prüfen ob etwas missbräuchlich ist oder eben nicht.
Stell Dich dem Schmerz
Ich möchte Dich ermutigen, Deine Gefühle rauszulassen. Wenn Du verärgert bist, wütend, traurig… egal was, lass es raus. Wenn Dir nach heulen ist, dann heule … Wenn Du schreien willst, dann schreie …
Sich den Wunden und dem Schmerz zu stellen – Gefühle auszudrücken – ist ein wichtiger Schritt zur Heilung.
Sprich über all das, was Dich beschäftigt. Manchmal hilft es auch, dass aufzuschreiben.
Deine Vorstellung von Gott überdenken
Häufig wird das Bild von Gott durch geistlichen Missbrauch total verdreht. Gerade geistliche Leiter beeinflussen Dich in Deinen Vorstellungen, die Du von Gott hast.
Es gibt da einen Spruch, den ich oft schon zitiert habe. Er lautet: "Christen können enttäuschen – Christus nie!"
Ich glaube, da ist sehr viel Wahres dran und das solltest Du Dir klar machen. Missbraucht haben Dich Menschen und nicht Gott. Es ist auch keine Strafe Gottes und Du brauchst keine Angst haben Dich Gott zu nähern, denn nicht er hat Dich betrogen und verletzt.
Deine Vorstellung von Menschen vorallem Christen überdenken
Mach Dir auch klar, dass nicht alle geistlichen Leiter oder Christen lügen und missbrauchen. Häufig sagt man sich nach einer Verletzung: "Ich traue keinem mehr!" oder auch: "Christen kann man doch alle in die Tonne kloppen!"
Das ist Blödsinn und das weißt Du auch. Da darfst Du Dich nicht emotional bescheissen lassen. Natürlich ist manchem Menschen nicht zu trauen, aber es ist eine Lüge, zu behaupten alle Christen sind verlogen und man darf keinem mehr vertrauen.
Vergib Dir selbst
Wahrscheinlich ist es zuerst dran, sich selbst zu vergeben. Vielleicht machst Du Dir Vorwürfe und hälst Dich für total verblödet, weil Du nicht eher gerafft hast, was da abgeht.
Aber hey, Du hast es jetzt kapiert und das ist wichtig!
Es gibt wohl keinen Menschen, der los geht und sagt: "So, jetzt lasse ich mich missbrauchen!" – In einen geistlichen Missbrauch "rutscht" man rein…. Stück für Stück, immer ein kleines bisschen weiter.
Bitte Gott auch um Vergebung, für das was Du vielleicht aus dem Zorn und dem Schmerz heraus getan hast und was nicht korrekt war.
Vergib den Menschen, die Dich verletzt haben
Ich glaube, um wirklich frei zu werden ist es dran Menschen zu vergeben, die Dich verletzt haben. Wie sagte Jesus, als er am Kreuz hing?
"Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!" – Lukas 23, 34
Ich vermute den allermeisten Menschen, die ihre Autorität als geistlicher Leiter missbrauchen und somit Menschen missbrauchen – stecken so tief drin, dass die gar nicht mehr raffen, was da überhaupt ab geht.
Ich glaube der Schritt zur Vergebung kostet viele Tränen, Wut und auch Trauer. Doch ich bin überzeugt davon, dass es ist wichtig ist auch diese Gefühle zuzulassen, um sich endgültig zu lösen und wieder klar denken zu können.
Vergebung bedeutet nicht, dass alles vergessen ist und das Du ab sofort nie mehr dran denken darfst. Vergebung ist so wie das aufstechen von einem dicken Pickel. Das Eiter kann abfließen, aber die Wunde muss noch heilen und das braucht Zeit.
Werde geistlich erwachsen
Wer sich mit der Gott und der Bibel beschäftigt, der lernt im Laufe der Zeit dazu. Er wird vom Baby zum Erwachsenen, wie es Paulus schon bezeichnet hat – siehe 1. Korinther 3
Ich finde es wichtig, wenn Dir etwas während dem Gottesdienst klar wird… nach der Predigt zum Pastor zu gehen und ihn drauf anzusprechen. Du bist für Dich und zum Teil auch für andere Menschen, die eben "Babys" im Glauben sind verantwortlich.
Wenn der Typ hinter der Kanzel totalen Dünnsinn erzählt, dann weise ihn freundlich drauf hin. Du sollst ihm nicht gleich an die Gurgel springen, denn vielleicht ist ihm das gar nicht ganz bewusst und er ist Dir sogar dankbar für Deinen Hinweis und Deine Berichtigung.
Ich hoffe ich konnte Dir einige gute Ratschläge geben.
Sei gesegnet und wachsam!
Deine Mandy
Noch einige Buch und Linktipps:
- Paul & Liz Griffin "Missbrauch hat viele Gesichter"
- David Johnson & Jeff van Vonderen "Geistlicher Missbrauch" – Die zerstörende Kraft der frommen Gewalt
- Inge Tempelmann "Geistlicher Missbrauch" – Auswege aus frommer Gewalt
- Jutta Wilbertz "Zerbrochene Flügel: Geistlicher Missbrauch und zerbrochene Flügel"
- Edin Lovas "Wölfe im Schafspelz: Machtmenschen in der Gemeinde"
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