Die Geschichte von Jonathans Ei

Ei


Jonathan war durch eine schwere Erkrankung körperlich und geistig eingeschränkt. Als er 12 Jahre war, ging er mit viel jüngeren Kindern zusammen in eine Klasse, da er mehrfach sitzen geblieben war. Es konnte weder lesen, noch schreiben. Alles fiel ihm schwer.

Seine Lehrerin Frau Müller war oft verzweifelt. Denn Jonathan schaukelte auf seinem Stuhl, wirkte meist desinteressiert, starrte sie oder seine Mitschüler an und gab oft seltsame Geräusche von sich. Doch dann gab es Momente, in denen Jonathan klar und deutlich sprechen konnte und beinah den Eindruck machte, er sei ein gesunder Junge.


Eines Tages bat Frau Müller Jonathans Eltern zu einem Gespräch. Sie erklärte ihnen:  "Jonathan sollte in eine Sonderschule gehen. Es ist nicht fair, dass er mit 3-4 Jahre jüngeren Kindern zusammen ist, die keine Lernprobleme haben."  

Jonathans Mutter weinte. Sein Vater sagte: "Frau Müller, es gibt in der Nähe keine geeignete Schule. Wir denken Jonathan würde einen Umzug nicht verkraften. Wir wollen ihn nicht aus seiner gewohnten Umgebung herausnehmen. Ihm gefällt es in dieser Schule."  

Nachdem sie gegangen waren, saß Frau Müller noch lange auf ihrem Platz am Fenster und dachte nach. Einerseits hatte sie Mitleid mit der Familie. Jonathan war ihr einziges Kind, sie liebten ihn sehr. Andererseits musste sie noch 14 weitere Schüler in dieser Klasse unterrichten und Jonathan lenkte sie häufig ab. 

Während sie nachdachte, fühlte sie sich schuldig und betete: "Bitte Gott. Ich sitze hier und heulte rum … während meine Probleme nichts sind im Vergleich zu denen dieser Familie! Hilf mir, mehr Geduld mit Jonathan zu haben!"  


Der Frühling und Ostern kam, und Frau Müller erzählte ihren Schülern im Religionsunterricht von Jesus und seiner Auferstehung. Dann gab sie jedem Kind ein großes Plastikei: "Nehmt das Ei mit nach Hause und bringt es morgen wieder mit – mit etwas darin, was neues Leben zeigt. Habt ihr das verstanden?"  

"Na klar, Frau Müller!" riefen die Kinder – außer Jonathan. Dabei schien er aber aufmerksam zuzuhören. Ob er verstanden hatte, was sie über den Tod und die Auferstehung erklärt hatte? Und verstand er, welche Aufgabe sie den Kindern gegeben hatte?  Sie nahm sich vor seine Eltern anzurufen, um es ihnen zu erklären. Doch wie es manchmal ist … Frau Müller hatte so viel zu tun, dass sie den Anruf total vergaß.


Am nächsten Tag stürmten die Kinder aufgeregt in den Klassenraum, um den Korb auf dem Tisch ihrer Lehrerin mit den mitgebrachten Eiern zu füllen. Nach dem Unterrichte wurden die Eier dann geöffnet. Im ersten Ei befand sich eine Blume. "O ja", sagte Frau Müller, "eine Blume ist ein Zeichen neuen Lebens. Wenn die ersten Blumen blühen, wissen wir, dass es Frühling wird."  "Das ist mein Ei!" rief Lisa. Im nächste Ei war ein Plastik-Schmetterling. Frau Müller hielt ihn hoch: "Wir wissen alle, dass aus einer Raupe ein schöner Schmetterling wird. Auch das ist ein Zeichen für neues Leben!" Judith lächelte stolz und sagte: "Das ist von mir, Frau Müller." Als nächstes fand die Lehrerin einen Stein, mit Moos bewachsen. Sie erklärte der Klasse, dass Moos ebenfalls ein Beweis für Leben sei. Leo aus der letzten Reihe meldete sich: "Mein Papa hat mir beim Suchen des Steins geholfen!". Frau Müller öffnete nun das vierte Ei – es war merkwürdig leicht. Nun … das Ei war leer!  

"Das ist bestimmt Jonathans Ei.", dachte sie. "Natürlich hat er nicht verstanden, was er damit machen sollte. Hätte ich doch bloß nicht vergessen, seine Eltern anzurufen."  Weil sie ihn nicht bloß stellen wollte, legte sie das Ei einfach beiseite und griff nach dem Nächsten. Da meldete sich plötzlich Jonathan.  "Frau Müller", sagte er, "wollen Sie denn nicht über mein Ei sprechen?" Verwirrt gab sie zurück: "Aber Jonathan – Dein Ei ist leer?!" Er schaute sie an und meinte leise: "Ja, aber das Grab von Jesus war doch auch leer!"  

Stille. Das berührte die Lehrerin und sie fragte ihn: "Jonathan, weißt Du, warum das Grab leer war?"  "Klar", gab er zur Antwort, "Jesus wurde getötet und ins Grab gelegt. Aber dann hat ihn sein Vater wieder lebendig gemacht!"  

Es klingelte. Pause. Während die Kinder nach draußen stürmten, blieb Frau Müller zurück und hatte Tränen in den Augen. Dieser besondere Junge schien die Wahrheit über die Auferstehung besser verstanden zu haben, als alle anderen Kinder.
 

Drei Monate später starb Jonathan. Seine Mitschüler legten ihm zum Abschied 15 leere Eierschalen auf seinen Sarg.    


(Verfasser unbekannt – ich habe die Geschichte auch etwas umgeschrieben)
 

Ich wünsch Dir schöne Ostern! heart

Mandy

 


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Dieser Beitrag wurde am 16. April 2022 veröffentlicht.

Ein Gedanke zu „Die Geschichte von Jonathans Ei

  1. Andrea

    Die Geschichte hat mich sehr berührt und mir kamen die Tränen. Ja, wir sollten einfach mehr Geduld mit uns und anderen haben.

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