Ihr Lieben, heute habe ich eine für mich ganz bemerkenswerte Frau und Freundin zu Wort kommen lassen. Ich lade Euch ein zu lesen, was Nicole zum großen Thema Liebe zu sagen hat.
Wie wir unendlich lieben können. Oder auch nicht.
Manchmal schäme ich mich. Ach was: Ich schäme mich oft. Für meine Geschwister. Für andere Christen. Für ihre Lieblosigkeit. Und manchmal, nein oft, würde ich sie dafür am liebsten schütteln. Kann ich aber in dieser virtuellen Welt nicht. Oder vielleicht doch. Vielleicht mit diesem Text.
An diesem Schüttelwunsch sieht man, dass ich selbst auch nicht die Liebenswürdigkeit in Person bin. Auch ich zücke meinen Stinkefinger, wenn Autofahrer vor mir abbiegen ohne vorher zu blinken. Auch ich meckere über Ungerechtigkeiten. Wenn andere sich nicht an die sozialen Regeln halten, die für ein liebevolles Miteinander wichtig sind. Zumindest meiner Meinung nach. Und da sind wir auch schon bei der Komplexität dieses Themas: Denn jeder von uns hat seinen eigenen Standpunkt. Seine eigene Definition von Liebe.
Gnade contra Gehorsam?
Eine dieser Definitionen, die im Zusammenhang mit christlicher Nächstenliebe fallen, ist der Gehorsam. Man solle Gott mehr gehorchen als den Menschen. Sie wird gerne benutzt, wenn es um moralische Fragen geht. Wenn das bedeutet, dass ich der Liebe Gottes gehorsam bin, habe ich damit auch kein Problem. Wenn die Liebe Gottes Mittelpunkt meines Denkens, Fühlens und Handelns ist, bin ich gerne gehorsam. Wenn mit diesem Argument aber andere Menschen von der Liebe Gottes ausgeschlossen werden, finde ich das weitaus schwieriger.
Ich bin eher ein Fan von Gottes Gnade. Zumindest erlebe ich Gott so, als Gnade in Person. Man denke nur an die Szene von Jesus am Kreuz. Der Körper nur noch ein einziger Schmerz, die Gefühle eine Mischung aus Verzweiflung, Zweifel, Ungläubigkeit – und wieder Schmerz. Gott war ein einziger Schmerz. Der Schmerz der ganzen Welt. Der Schmerz jedes einzelnen von uns. Und er besitzt tatsächlich noch die Fähigkeit, gnädig zu sein:
Neben ihm hängen zwei Verurteilte, echte Verbrecher. Einer lästert über Jesus. Der andere setzt sich für ihn ein und bittet ihn, im Himmel an ihn zu denken. Diesem Verbrecher verspricht Jesus: „Noch heute wirst du mit mir im Paradies sein.“ Wir wissen nicht, was dieser Typ getan hat. Wir wissen nur: Er kommt in der Stunde seines Todes zu Jesus und darf gleich mit ihm in den Himmel. Da wird kein großes Gewese um seinen Lebensstil oder falsche Entscheidungen gemacht. Jesus lebt in der Stunde seines Todes vor, was pure Gnade, was Vergebung ist.
Angesichts dieser Bibelstelle werde ich demütig, weil ich denke: Was maßen wir uns eigentlich an? Wie können Menschen beurteilen, wer zu Gott kommt, und wer nicht? Wer bin ich, dass ich das einschätzen könnte? Ich bin wie gesagt nicht die Liebenswürdigkeit in Person. Aber Gott ist es.
Vertrauen statt Verurteilen
Markus hat diese Bibelstelle geliebt. Und ich hoffe, dass sie ihn jetzt immer noch begleitet. In diesem Sommer ist es drei Jahre her, dass er Suizid begangen und mich und unsere damals dreijährige Tochter zurückgelassen hat. Ein Schock nicht nur für mich, sondern für alle, die mit ihm in Verbindung standen. Denn er war nicht nur ein Mensch, der Jesus geliebt hat, er war auch seit fast zehn Jahren christlicher Lebensberater. Und er war gut in seinem Job.
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