Eins vorweg: Es ist ein Kampf!
Ein Kampf, den man allein fast nur verlieren kann – und damit meine ich noch nicht einmal die Heroinsucht selbst!
Ich schreibe diesen Artikel, da immer wieder Menschen behaupten Obdachlose müsse es nicht geben, man könne doch einfach einen Hartz 4 Antrag stellen …
Erik (41) (*Name geändert) lernten ich und Karsten (der tolle Typ, mit dem ich zusammen bin) im letzten November bei unseren nächtlichen Kältehilfe-Touren auf der Straße kennen. Wir trafen ihn fast jede Nacht. Wie viele Menschen, die wir kennen lernten ist er heroinabhängig.
Es gibt hier in Berlin überdurchschnittlich viele Junkies, da Drogen hier günstig sind und die Strafen verhältnismässig gering ausfallen.
Erik war durch eine Verletzung in einer körperlich so schlechten Verfassung, dass er dringend ins Krankenhaus musste. Ich hatte Angst um ihm. Doch er schaffte es. Gott sei Dank! Er wurde zweimal operiert und blieb zwei Monate im Krankenhaus. Wir besuchten ihn regelmässig, unsere Beziehung zu ihm vertiefte sich. Eine Freundschaft entwickelte sich.
Erik besaß kaum etwas, wie viele andere Obdachlose. Weder einen Ausweis, noch Papiere, noch irgendwelche Einkünfte wie Hartz 4. Einzig allein besaß er einige Klamotten, einen Schlafsack, einen Rollator, ein Handy ohne Guthaben. Du glaubst gar nicht wie oft die Ärmsten der Armen beklaut werden …. aber das ist jetzt ein anderes Thema.
Wir versorgten Erik im Krankenhaus mit Klamotten und Schuhen. Denn das was er hatte war voller Läuse … Wir brachten ihm Filme und Bücher aus der Bücherei, damit er sich die Zeit vertreiben konnte. Denn Fernsehen kostet pro Tag 4€. Als es ihm etwas besser ging, lief er dafür ab und an die Station ab und sammelte Pfandflaschen. Während der Krankenhauszeit wurde er substituiert. Das heißt er bekam Polamidon, einen Heroin-Ersatzstoff, um Entzug zu verhindern. Auf eigenen Wunsch ließ er das Polamidon schrittweise reduzieren, um clean zu werden. Bis zur Entlassung schaffte er es trotz Operationsschmerzen und seinem schwer gebeutelten Körper, von 10mg auf 2mg zu reduzieren.
Erik will wieder (drogen)frei leben!
In den letzten 15 Jahren hatte er immer wieder Episoden, in denen er mit seiner Sucht zu kämpfen hatte. Vor 4 Jahren ereignete sich ein persönlicher Schicksalsschlag, der ihn völlig aus der Bahn warf. Er war gerade dabei sich deswegen für einen Monat beurlauben zu lassen, als ihm seine Tasche mit sämtlichen Papieren, Laptop, Sicherungsfestplatten, persönlichen Fotos – seinem gesamten Leben geklaut wurde. Er verlor seinen Job, rutschte tiefer in die Drogensucht als zuvor und lebte ca. 4 Jahre obdachlos in Berlin.