Jesus, ich bins, Paul!

Paul sitzt auf den kalten Steinen der Kirchentreppen von St. Jakob. Wie so oft bettelt er um ein paar Euro. Wenn Gottesdienst ist, öffnet er den Besuchern die Tür und lächelt sie mit seinem fast zahnlosen Mund freundlich an.

Der 55-jährige gehört zu den Obdachlosen, die ums tägliche Überleben kämpfen. Wenn der Abend kommt, dann greift er zur Flasche. Der Alkohol betäubt dann die Leere in seiner Seele, wenn auch nur für kurze Zeit.

Für die Leute des Viertels gehört Paul irgendwie zu der Kirchentreppe, so wie eine Statue. Und so behandeln sie ihn auch. Die meisten beachten ihn kaum. Der Pfarrer und die Gemeindeschwester Petra kümmern sich um ihn. Vor allem Schwester Petra kommt jeden Tag zu ihm. Er freut sich über ihre Besuche, bei der sie ihm auch immer etwas zum Essen mitbringt.

Und jeden Abend, wenn es dunkel ist, und ihn keiner sieht, schlüpft Paul in die dunkle und leere Kirche. Dort sitzt er schweigend und bewegungslos fast eine Stunde. Dann trottet er wieder nach draußen. Schwester Petra fragte ihn einmal:


„Paul, ich sehe, dass Du jeden Abend in die Kirche gehst. Was machst Du denn dort während dieser Zeit? Betest Du?"


"Was ich da mache? Das ist ganz einfach: Ich gehe zum Tabernakel, dort wo Jesus ganz allein in seinem Kästchen ist, und sage ihm: Jesus! Ich bin's Paul. Ich komme Dich besuchen. Und dann bleibe ich noch ein bisschen, damit halt jemand da ist.“

 

An einem Morgen bleibt der Platz, an dem Paul so viele Jahre gesessen hat, leer. Schwester Petra macht sich sofort auf die Suche nach ihm. Nach einiger Zeit findet sie ihn im Krankenhaus, das in der Nähe der Kirche ist. Am Morgen fanden ihn Passanten bewusstlos unter einer Brücke und holten den Notarzt.

 

„Sind Sie eine Angehörige?” Die Stimme des Arztes schreckt Petra aus ihren Gedanken.

„Nein, aber ich werde mich um ihn kümmern!" antwortet sie spontan.

„Da gibt es nicht mehr viel zu tun. Er liegt im Sterben."

 

 

Am nächsten Tag kommt Schwester Petra wieder und ist schon darauf gefasst, die traurige Nachricht von seinem Tod zu bekommen…

Aber nein, was ist das? Sie traut ihren Augen nicht. Paul sitzt aufrecht und frisch rasiert in seinem Bett. Mit wachen Augen und lebendigem Blick schaut er die hereinkommende Schwester freudig an.
 

„Paul, das ist ja unglaublich. Du siehst gut aus. Du bist gar nicht mehr wieder zu erkennen: Was ist nur mit Dir passiert?“

„Na ja, es war gestern Abend, kurz nachdem Du gegangen bist. Da ging es mir gar nicht gut. Da habe ich plötzlich jemand hier am Fußende meines Bettes stehen sehen. Er war schön, unbeschreiblich schön … das kannst Du Dir gar nicht vorstellen! Er lächelte mich an und sagte: 'Paul! Ich bins, Jesus. Ich komme Dich besuchen.'“

 

Paul hat seit diesem Tag keinen Tropfen Alkohol mehr angerührt. Schwester Petra hat ihm im Pfarrhaus ein kleines Zimmer gegeben und ihm eine Stelle als Gärtner besorgt. Sein Leben hat sich seit jenem Tag komplett geändert. Aber eines ist geblieben:

Wenn es dunkel wird, dann schlüpft er in die Kirche, setzt sich vor den Tabernakel und sagt:

„Jesus, ich bin's, Paul. Ich komme Dich besuchen."

 


nach einer wahren Begebenheit von Jürgen Wetzel – leicht gekürzt und geändert

 

 

Überleg doch mal welcher „Paul“ sitzt vor Deiner Kirche? Welchen Paul gibt es in Deiner Nachbarschaft, in Deiner Schule oder an Deiner Arbeitsstelle?

Vielleicht hat Gott schon lange angefangen an dieser Person zu wirken – wie kannst Du helfen, sowie Schwester Petra es tat?

 

Alles Liebe, offene Augen, tatkräftige Hände und fetten Segen
Deine Mandy
Jesus-Punk

 


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Dieser Beitrag wurde am 12. Februar 2013 veröffentlicht.

8 Gedanken zu „Jesus, ich bins, Paul!

  1. Katha

    Wunderschön.
    Ich habe gerade irgendwo etwas gehört, was ganz gut dazu paßt:
    Wir sollten nicht Gott dazu einladen, uns bei dem zu helfen, was wir für ihn tun, sondern wir sollten uns von ihm einladen lassen, mit ihm zusammen das zu tun, was er tun möchte – uns quasi unter sein (leichtes) Joch spannen lassen, statt ihn unter unser Joch spannen zu wollen.
     
    Ich finde die Idee wunderschön ud sehr nacheifernswert.
     
    Laßt uns auf die Suche nach den vielen Pauls in dieser Weltr machen – aber auch nach den Schwester Petras :-)

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  2. reinhard huland

    ein weiters schönes Beispiel, auch wenn die meißten Pauls und Petras sich nicht so einfach bewegen lassen, der weise und geschickte Einsatz lohnt sich.
    Als mich kürzlich auf dem Hauptbahnhof in Düsseldorf ein Mädchen ansprach wegen Geld, da sie Hunger hatte, gab ich ihr mein Reisebrot, das ich gerade aus Griechenland mitgebracht hatte, denn im Flieger hatte ich auch eins bekommen, wir müssen uns nur richtig bewegen und bewegen lassen….
    Hinter Gittern sitzen noch mehr, die erst dort anfangen nach Gott zu fragen….aber hingehen müssen wir schon..

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